Beiträge von Andy92

    Alter, das war eine der denkwürdigsten (Berg)Etappen der vergangenen 15-20 Tourjahre und aller Grand Tours...vor allem mit der Galibier-Etappe tags zuvor und dem gesamten Tourverlauf 2011. An dem Tag hat Andy Schleck die Tour verloren, als er Contadors mutige mit-dem-Rücken-zur-Wand-Attacke mitgegangen ist. So einen Rennverlauf würde ich mir gern mal wieder wünschen.

    Ich find die Tour 2015 voll in Ordnung und ganz interessant. Aber mein Wunsch ist nach wie vor: Eine Tour mit maximal 1-2 Tagen im Hochgebirge. Nur Rouleur-, Windkanten-, von mir aus auch Kopfsteinpflasteretappen, Mannschafts- und Einzelzeitfahren. Das wär's... :love:

    Also eins kann man schon mal sagen: Sooooo schlecht ist die Form von Contador nun wirklich nicht :D

    Sehr interessante Ausgangslage ist das nun. Für alle, die vorne mit dabei sind, war es schon eine lange Saison und die Formhöhepunkte waren eigentlich andere. Demnach müsste also ein wahrlich talentierter Fahrer und großer Champion am Ende den Sieg davon tragen können.

    Es stehen noch aus: 2 mittelschwere Bergankünfte, 1 Uphill-Finish, 1 hüglige Etappe, 4 schwere Bergetappen jeweils mit Bergankunft und das "Prolog"-Zeitfahren am letzten Tag. Also noch 9 Tage, an denen man was im Gesamtklassement bewegen kann. Da kann also noch einiges passieren. :icon_thumbsup:

    Okay, daran, dass BMC sofort nachgeführt hat, kann ich mich nicht mehr erinnern. Mh, dass Schleck aber eine deutlich hochwertigere Leistung, was das reine Klettern angeht, an diesem Tag gezeigt hat, würde ich so trotzdem nicht unterschreiben. Evans hat in dem Part des Galibier und Lautaret, indem der Gegenwind nicht auf der kompletten Distanz eine Rolle gespielt hat, so ziemlich genau 2 Minuten zurück geholt. Natürlich spielt es eine Rolle, dass Schleck an diesem Tag schon sehr viele Kräfte investiert hat. Aber trotzdem, zwei Minuten, auf diesem Niveau - und bei keiner der voran- oder nachfolgenden Bergankünfte dieser Tour (soweit ich mich erinnere) gab es eine Zeitdifferenz zwischen Evans und Schleck. Das seh ich schon als ebenbürtig an. Schlecks Attacke war zweifelsohne mutig und grandios, aber was dabei untergeht ist, wie Evans auf die Situation reagiert hat - nämlich richtig - er ist einfach gefahren - an dem Tag hat er meiner Meinung nach, die Tour gewonnen. Das hat er nicht im Zeitahren, nicht in der Abfahrt vom Col de Mense und auch nicht in dessen Aufstieg, als er den Sprung zu Contador schaffte, erreicht, sondern durch diese Tempoverschärfung. Und soweit ich mich erinnere, sind Schleck und Evans ungefähr die gleiche Strecke an diesem Tag alleine von vorne gefahren (wie du sagtest 18 km). Und insgesamt ist Evans in dieser Tour einfach am cleversten gefahren: Gefahren, wenn er musste, attackiert, wenn es wirklich Sinn gemacht hat, und seine leichte Überlegenheit im Zeitfahren intelligent ausgespielt - und ganz wichtig, nicht gestürzt und 3 Wochen aufmerksam geblieben.

    Mmmmhhhhh oh ja - nur zu gut :-| ;)

    Kleine Anmerkungen:
    1.Bergan (zumindest auf dieser Etappe am Izoard) gibt es kaum Windschatten. Am Lautaret war das etwas anders. Trotzdem ist Evans fast den kompletten Anstieg von vorne gefahren und hat fast 2 Minuten auf Schleck gut gemacht. Die Leistung seh ich dann schon als ebenbürtig an, da Schleck in etwa die gleiche Strecke alleine unterwegs war.
    2. BMC hat am Izoard doch gar kein Tempo gemacht. Das war Europcar, dann Leopard, dann wieder Europcar und dann ging Schleck.
    3. Soweit ich weiß hatte BMC nach dem Izoard niemanden mehr vorne außer Evans - vielleicht noch einen Helfer. Evans stärkster Helfer in der Tour 2011 war Burghardt. Er hat ihm zum Etappensieg verholfen und am Tag nach Alpe d'Huez ist er den Telegraph wieder runter gefahren, um Evans sein Vorderrad zu geben, als dieser Defekt hatte. Schleck hatte 2011 das stärkere Team, mit seinem Bruder Frank sogar eine Doppelspitze (du ahnst gar nicht, was das für ein Wahnsinnsvorteil ist, gerade, wenn zwischen den beiden Kapitänen wie bei den Schleckbrüdern so eine Eintracht besteht), von daher ist Evans Leistung doch sogar noch hervorstechender. Er hat einfach auf jedem Terrain und in jeder Prüfung zu fast 100 % überzeugt und Schleck eben nicht.
    4. Also das mit den Toursiegen, ich weiß nicht, aber ich glaub nicht, dass Schleck seinen Sieg von 2010 als echten Sieg wahrnimmt. Auf dem Papier steht das zwar so da, aber dieser "Sieg" wird seinen Beitrag zu seiner aktuellen Gemütslage leisten.

    Edit: Ok, eines muss ich noch zugestehen: Bei seiner großartigen Attacke auf der 18. Etappe der Tour 2011 konnte Schleck vom Izoard tatsächlich ziemlich gut abfahren. ;) Ich hab aber nichts Außergewöhnliches über die Abfahrt gehört und außerdem ist ihm Monfort vorangefahren.

    Ich muss dem schon beipflichten: Die Attacke von Andy Schleck auf der 18. Etappe der Tour 2011 war die letzte legendär mutige Großattacke bei der Tour de France, neben Contadors Attacke auf der 17. Etappe der Vuelta 2012 das vorletzte großartig mutige taktische Manöver in einer Grand Tour. Andy hat die Tour damals auf den Abfahrten zuvor verloren, sonst wäre es nie zu dieser Attacke gekommen. Er war damals einer der besten Bergfahrer der Welt, das ist unbestritten. Nur vergisst man auch bei jener 18. Etappe sehr schnell, dass der große Zeitvorsprung nicht allein durch Andy herausgefahren worden ist. Er hatte mit Posthuma und Monfort zwei Teamkollegen, die einen großen Teil der Arbeit verrichteten, allen voran Monfort im Gegenwind des Lautaret. Die zwischenzeitlich über vier Minuten Vorsprung und damit das virtuelle gelbe Trikot wurden aber auch dadurch begünstigt, dass hinten im Feld der Favoriten Uneinigkeit herrschte und mit Europcar ein relativ schwaches Team die Leaderposition inne hatte. Diese ganze Situation hat die Attacke erst ermöglicht. Und dann war es von Cadel Evans mindestens genauso mutig zu attackieren, die Gruppe zu sprengen und Andy Schleck zu jagen. Und ehrlichgesagt: Im Fernduell war an diesem Tag Cadel Evans auch stärker am Berg als Andy Schleck. Er hatte den Toursieg 2011 mit Abstand verdient und Andy nicht. Er hat es weder auf den Etappen zuvor geschafft, Zeit herauszuholen, den Anschluss zu halten (am Col de Manse bei Gap hat er auf der Abfahrt nur so viel Zeit verloren, da er und sein Bruder die Attacke von Contador im Anstieg und damit den Sprung in die Favoritengruppe verpasst hatten) oder bei seiner zweifelsohne mutigen Attacke die nötige Zeit gutzumachen, um den Sieg am Ende davon zu tragen, sei es durch Kletterqualitäten oder durch Taktik (auch auf taktischer Ebene hat er am Tag darauf übrigens Fehler begangen, die zur Tourniederlage geführt haben - den Angriff von Contador am Col du Telegraphe hätte er niemals kontern dürfen). Evans war 2011 in allen Belangen der überlegene Fahrer. Radsport ist eine ziemlich einfache Rechnung.
    Und über die Jahre hinweg, ist es wohl Sache der Sympathie, welcher Fahrer den Toursieg mehr oder weniger verdient hat. Ich würde allerdings auch zu Evans tendieren. Wenn man die beiden Karrieren miteinander vergleicht, seien es die Erfolge, die Fähig- und Fertigkeiten, das Talent, die Einstellung zum Sport, dann obsiegt Evans meiner Meinung nach auf allen Ebenen. Er war Mountainbikeweltmeister, Straßenradweltmeister, Klassikerjäger, Grandtourfahrer und hatte ehrlichgeagt auch die professionellere Einstellung als Andy Schleck (was er zurzeit abliefert ist katastrophal und nicht World Tour würdig - auch wenn es seine körperlichen Leistungen durchaus sind).

    :icon_facepalm: Oh Mann...bitte Lance, lass es einfach gut sein.

    (Wenn er das Bedürfnis hat, ein Buch zu schreiben bzw. noch irgendetwas zum Radsport beizutragen, dann sollte er sich bitte nicht darum kümmern, welchen Tonfall er benutzt, sondern welche Fakten und Inhalte er liefert. Da ich ihm das nicht zutraue, soll er doch bitte in Austin "chillen", sich eine Hütte in Alaska kaufen oder mit seiner Familie auf eine Farm nach Bolivien ziehen...aber uns bitte endlich in Ruhe lassen.)

    Zum letzten Absatz: Da hat sich, nach meinem Eindruck der letzten 15 Jahre, aber doch schon etwas geändert. Es gibt keine langen perfekten Fluchten mehr, Profis "überschätzen" sich bei Attacken, zeigen sehr viel schwankendere Leistungen als früher. Gerade bei dieser Tour ist es mir aufgefallen. Auch bei Nibali war nicht alles perfekt, jeder Tag wie der andere. Dass er auf einem anderen Niveau fährt, als seine Konkurrenz in diesem Rennen sehe ich als unbestritten an. Er hat einen sehr langen, ehrgeizigen, nachvollziehbaren Weg hinter sich und ist darüberhinaus mit einem Wahnsinnstalent gesegnet.