Paris-Roubaix (14. April 2019)
117. Austragung
Erstmalig (Jahr): 1896
Wettbewerb: Eintagesrennen
Rekordsieger:
Tom Boonen (2005, 2008, 2009, 2012) -
Roger De Vlaeminck (1972, 1974, 1975, 1977)
Vorjahressieger:
Peter Sagan (2018)
Compiègne > Roubaix (257.0 Km)
Ingame: Paris-Roubaix (Compiègne > Roubaix) = 257 Km

Favoriten: John Degenkolb (Trek - Segafredo) - Peter Sagan (BORA - hansgrohe) - Greg Van Avermaet (CCC Team)
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Hintergründe: Paris-Roubaix ist eines der berühmtesten klassischen Eintagesrennen im Straßenradsport. Wie gewohnt folgt nur eine Woche auf die Flandern-Rundfahrt mit der "Hölle des Nordens" schon der dritte Klassiker des Jahres. Diesen Beinamen trägt die Hatz über das grobe Pflaster in Nordfrankreich völlig zurecht. Schließlich ist Paris-Roubaix mit keinem anderen Rennen vergleichbar. Die "Königin der Klassiker" wird seit 1977 nicht mehr in Paris, sondern rund 80 Kilometer nördlich, vor dem Schloss in Compiègne gestartet. Das Ziel befindet sich nach 257 Kilometern im Vélodrome von Roubaix; dabei geht es insgesamt auf einer Strecke von 54,5 Kilometern, also etwa 20 Prozent der Gesamtdistanz, über Kopfsteinpflaster - die sogenannten "Pavés". Im Gegensatz zu "Flanderns Schönsten" sind kaum Anstiege zu bewältigen, doch die insgesamt 29 "Pavé"-Passagen verlangen den Rennfahrern in einem mehr oder weniger flachen Rennen alles ab. Dieser einzigartige Charakter und die großartige Stimmung an den Pflaster-Abschnitten machen die Faszination "Hölle des Nordens" aus. Die Zuschauer an den "Pavés" verwandeln den Parcours regelrecht in eine Arena und die Fahrer in Gladiatoren. Es ist das härteste Rennen der Welt, physisch und mental bringt es die Fahrer an ihr Limit.
Auch in diesem Jahr wird ein episches Rennen erwartet. Allerdings gibt es keinen Top-Favoriten. Die Spezialisten sind auf einem ähnlichen Leistungsniveau und so scheint auch eine Überraschung bei Paris-Roubaix möglich. Es soll leichten Gegenwind geben, was Attacken besonders schwer macht. Der Gegenwind dürfte den endschnellen Fahrern entgegen kommen, denn er könnte dazu führen, dass eine größere Gruppe an der Spitze im Vélodrome ankommt. Das erste Pflasterstück wird erneut rund 100 Kilometer nach dem Start erreicht. Hinter dem Ort Troisvilles geht es auf den ersten Sektor. Dieser wird jedoch etwas kürzer sein, als 2018. Der zweite Sektor führt von Briastre nach Viesly, dort wird das Feld erstmalig den Gedenkstein für Michael Goolaerts passieren. An jener Stelle hat der Belgier während des Rennens im Jahr 2018 einen Herzstillstand erlitten und war infolge dessen verstorben. Anschließend geht es über die Sektoren Quiévy (Sektor 26), Saint-Python (Sektor 25) und Vertain (Sektor 24). Dieser Teil ist im Vergleich zum Vorjahr etwas verändert. Ab Valenciennes (Sektor 23) sehen wir den gleichen Parcours wie im Vorjahr. Eine Korrektur gibt es zusätzlich – nach neuen Messungen ist die Passage im Trouree d’Arenberg nur 2300 Meter und nicht 2400 Meter lang. Leichter ist dieser brutale Abschnitt über extrem grobes Pflaster aber nicht.
Auch bei der 117. Austragung sind im Finale die drei Sektoren mit dem höchsten Schwierigkeitsgrad der fünften Kategorie die entscheidenden Schlüsselstellen. Das erste ganz schwere und vor allem gefürchtete Stück ist der besagte Trouree d’Arenberg. Schon vor dem Pflaster wird es extrem schnell, weil alle Starter wollen in den vordersten Reihen auf das Pflaster fahren, denn hier gehören insbesondere Defekte und Stürze zur Normalität. Nach dem Wald wird geschaut, wer noch dabei ist. Es beginnt ein taktisches Rennen und ein hartes Ausscheidungsfahren. Rund 48 Kilometer vor dem Ziel kommt die nächste Schlüsselstelle – der Sektor Mons-en-Pévèle. Der ganze Körper arbeitet, Sektor für Sektor schwinden die Kräfte und der Tritt wird nun immer schwerer. Der legendäre Le Carrefour de l’Arbre ist eines der schwersten Pflasterstücke, nur 17 Kilometer vor dem Ziel. Wer hier noch stark ist, kann eine Vorentscheidung erzwingen. Unter tosendem Applaus kämpfen sie sich durch das schmale Spalier. Die Gladiatoren der Landstraße werden hier gefeiert, wie nirgendwo sonst. Fast alle Reserven sind aufgebraucht. Die Blicke sind leer, alle Fahrer leiden. Voller Bewunderung und Respekt feiern Radsportfans aus aller Welt ihre Helden.
Es ist unwirklich, wie die verdreckten Fahrer scheinbar in Zeitlupe in das Vélodrome einbiegen. Kein runder Tritt, keine Geschmeidigkeit. Hier bewegt letztlich nur noch der pure Wille die Pedale. In den hintersten Ecken ihres Körpers suchen sie nach Kraftreserven. Man darf Paris-Roubaix durchaus hassen, aber man muss es wohl auch irgendwie lieben, um es gewinnen zu können. Das berühmteste Zitat zum Rennen stammt von Theo de Rooy aus dem Jahr 1985: «Dieses Rennen ist Schwachsinn. Du arbeitest wie ein Tier, du hast keine Zeit zum Pinkeln, machst dir in die Hose. Es ist ein Haufen Scheiße», sagte er nach dem Rennen. Als der Reporter nachfragte, ob er denn jemals wieder starten würde, antwortete de Rooy sofort: «Natürlich, es ist das schönste Rennen der Welt». Der Preis? Ein Pflasterstein! Die Hoffnungen der deutschen Zuschauer ruhen auf John Degenkolb (Trek - Segafredo) und Nils Politt (Team Katusha Alpecin). «Mindestens 50% sind die Beine. Du musst top drauf sein, um dabei bleiben zu können. Aber der Kopf ist schon extrem wichtig. An sich zu glauben, nicht aufzugeben, sich nicht verrückt machen lassen, an sein Konzept zu glauben», sagte der deutsche Sieger aus dem Jahr 2015. Wer jubelt also in der "Hölle des Nordens"? Nur einer kann den Stein der Steine gewinnen, doch sie sind alle Helden.
EF Education First (EF1)
Kapitän: Sep Vanmarcke
Mission: Unter den besten 3 sein

Startnummer |
Fahrer |
Alter |
Beste Platzierung (Paris-Roubaix) |
Stufe |
41 |
Sep Vanmarcke
|
30 |
2. Platz (2013) |
79.1 |
42 |
Matti Breschel |
34 |
9. Platz (2009) |
71.1 |
43 |
Mitchell Docker |
32 |
15. Platz (2011) |
72.0 |
44 |
Julius van den Berg |
22 |
Erste Teilnahme |
66.8 |
45 |
Sebastian Langeveld
|
34 |
3. Platz (2017)
|
75.6
|
46 |
Taylor Phinney |
28 |
8. Platz (2018) |
74.8 |
47 |
Tom Scully |
29 |
64. Platz (2018) |
71.1 |
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Rennen: Am Sonntag, den 14. April 2019, gingen insgesamt 175 Fahrer aus 25 Teams bei trockenem, aber kaltem Wetter mit einstelligen Temperaturen um 11:00 Uhr an den Start, von denen sich letztlich genau 100 Teilnehmer platzieren konnten. Erneut machte sich die belgische Dominanz - unter den besten 10 platzierten sich gleich sieben Belgier - eindrucksvoll bemerkbar, wie schon in der vorangegangenen Woche. Bei Wind aus Nordost, also Gegenwind, schien ein gutes Abschneiden aus einer frühen Fluchtgruppe, wie im Vorjahr durch Silvan Dillier (AG2R La Mondiale) mit Platz 2, ohnehin ausgeschlossen. Trotz dieser widrigen Bedingungen wurde ein unbarmherziges Tempo angeschlagen, woraus sich in der Folge schnell ein reines Ausscheidungsrennen ergab. Aus dem letzten 5-Sterne-Sektor Le Carrefour de l’Arbre kam das formierte Spitzenquintett mit 30 Sekunden Vorsprung vor der Verfolgergruppe heraus. Sep Vanmarcke wirkte an letzter Position bereits schwer angeschlagen, dann feuerte Vorjahressieger Peter Sagan an die Spitze und eröffnete das Finale rund 15 Kilometer vor dem Zielstrich.
Die verbliebenen Mitstreiter konnten dem Tempo vom Ex-Weltmeister lediglich folgen, denn keiner sah sich zunehmend imstande eine endgültige Selektion herbeizuführen, bevor Sagan mit einem erneuten Antritt kurz nach Verlassen der Gemeinde Willems eine kleine Lücke aufriss und die gleichfalls entkräfteten Verfolger - mit Ausnahme von Vanmarcke - in den Wind stellte. Der belgische Mannschaftskapitän von EF Education First hielt der Tempoverschärfung erstaunlicherweise stand und konnte nun etwas pokern, da Peter Sagan fast ausnahmslos von vorne fuhr, um einen Anschluss der direkten Verfolger zu verhindern. Im Vélodrome hielt Vanmarcke weiterhin bewusst das Hinterrad von Peter Sagan und ließ sich auch von dessen Stehversuchen nicht aus der Ruhe bringen. Inzwischen hatte sich das belgische Trio um Philippe Gilbert, Oliver Naesen bzw. Greg Van Avermaet bis auf wenige Meter genähert, doch Sep Vanmarcke setzte sich zur Überraschung aller im finalen Spurt buchstäblich mit letzter Kraft durch. Mit 30 Jahren feierte der belgische Radrennfahrer nach dem 6. Platz im Vorjahr nicht nur seinen ersten Sieg bei einem Monument des Radsport, sondern auch den größten Erfolg in seiner bisherigen Laufbahn. Ein prestigeträchtiger Triumph für die amerikanische Equipe!

Tageswertung
Platz |
Fahrer |
Team |
Zeit |
1. |
Sep VANMARCKE |
EF Education First |
6h 23' 33" |
2. |
Peter Sagan |
BORA - hansgrohe |
0" |
3. |
Oliver Naesen |
AG2R La Mondiale |
0" |
4. |
Greg Van Avermaet |
CCC Team |
0" |
5. |
Philippe Gilbert |
Deceuninck - Quick Step |
0" |
6. |
Alexander Kristoff |
UAE Team Emirates |
+1' 12" |
7. |
Wout van Aert |
Team Jumbo-Visma |
+1' 12" |
8. |
Zdenek Stybar |
Deceuninck - Quick Step |
+1' 12" |
9. |
Jasper Stuyven |
Trek - Segafredo |
+1' 12" |
10. |
Tiesj Benoot |
Lotto Soudal |
+1' 36" |
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|
|
14. |
Sebastian Langeveld |
EF Education First |
+3' 31" |
33. |
Taylor Phinney
|
EF Education First
|
+6' 25"
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