Saisonrückblick 2023

  • Auch wenn die letzte WT-Rundfahrt in China noch aussteht möchte ich schonmal ein kleines Fazit ziehen und hoffe ihr tut es mir im Anschluss gleich ;)

    Ich setze damit auch an dem Thread "Radsportler der Saison" an der 2020 eingeschlafen ist.

    Ich versuche mich kurz zu halten und es auf die wichtigsten Fakten zu beschränken.

    Es war mit Sicherheit die "aristokratischste" Saison der Neuzeit. Ich denke niemand von uns hat zuvor eine Saison gesehen in der so wenige Fahrer und Teams das komplette WT-Geschehen dominiert haben. Das fing im Frühjahr bei den Klassikern an und zog sich unentwegt durch die gesamte Rundfahrersaison, auch die WM-Titel wurden an große Namen vergeben.

    Fahrer der Saison:

    HC. Sepp Kuss: Alle 3 GTs gefahren und die Letzte gewonnen. Ich fand es schwierig seine Leistung mit denen der Kapitäne zu vergleichen, deswegen bekommt er bei mir den Ehrenplatz ganz oben.

    1. Jonas Vingegaard: Ist nur Rundfahrten gefahren, stand bei jeder auf dem Podium, meist natürlich als Sieger, strahlte durchweg eine so unheimliche Dominanz aus, mMn hätte er auch die Vuelta gewonnen. Schlechtestes Ergebnis Rang 3! =O

    2. Tadej Pogacar: Für mich der dominanteste bis zum Sturz bei LBL, schade dass wir keinen 100% Vergleich mit der 1 haben aber denke es wäre diese Saison auch ohne Sturz schwer gegen Vingegaard geworden. Streichen wir seinen 21. Platz im WC ITT dann war er schlechtestenfalls 5! 8|

    3. Primoz Roglic: Ergebnistechnisch auch er absolut unglaublich, bis zur Vuelta alles gewonnen. Finde ihn beim sehen auf der Straße nur nicht so überlegen wie die beiden anderen, aber dennoch gerade bei den 1-wöchigen WT-Rundfahrten ist er den es zu schlagen gilt. Schlechtestes Ergebnis Rang 4! :huh:

    4. Mathieu van der Poel: Holte 3 der wichtigsten 1-Tages-Rennen und genau das ist es was ihn auszeichnet, an einem Tag alles dem Erdboden gleich zu machen, so ist er damals in die WT gekommen, in dieser Saison konnte er es wie in keiner anderen auch in Ergebnisse ummünzen. Als nicht-GC-Fahrer macht es keinen Sinn das schlechteste Ergebnis zu vergleichen.

    5. Remco Evenepoel: Es wäre unfair zu sagen, er nahm alle wichtigen Rennen mit die ihm die anderen übrig gelassen haben, aber er kommt (noch) nicht an jene benannte Dominanz der anderen heran. Als Beispiel hätten die ersten 3 wohl bei der TdS keinen Skjelmose oder Ayuso gewinnen lassen. Streichresultat ist WC RR, damit bleibt Rang 9 bei Il Lombardia als schlechtestes Ergbenis.

    Nenneswerte Leistungen:
    Hinter all den fast schon erwartbaren Top-Resultaten genannter Fahrer gab es ein paar die aus der Restmasse herausstachen. (Oh Gott, das klingt fieser als es gemeint ist.)

    -Jasper Phillipsen: untermauerte seine Position als stärkster Sprinter mehr als Eindrucksvoll und erweiterte sein Portfolio ganz nebenbei mit überragenden KSP-Auftritten

    -Mads Pedersen: so viele Stärken, so vielseitig, dass ich manchmal das Gefühl habe, dass ihm das ein wenig hindert in einer Sache besser zu sein, aber letzendlich ist er sicher genau der Fahrertyp der er sein kann und will, ignoriert man die Rundfahrten dann kommt er auch nur auf Top-Ergebnisse (außer NCC RR, da ist man aber für Skjelmose gefahren)

    -Arnaud De Lie: Einer der Aufsteiger der Saison, absolutes Watt-Monster wenn es auf ne ansteigende Zielgerade geht, hat durch die Qualitätsdichte zwar überwiegend auf Nebenschauplätzen gewonnen aber allein die Anzahl ist überragend, bin gespannt auf mehr

    -Mattias Skjelmose: Für mich nicht ganz überraschend, hatte ihn ja auch in dem ein oder anderen Tippspiel, Krönung war natürlich TdS, aber auch jemand der Bock auf Radfahren hat und sich nicht zu schade ist für andere im Wind zu fahren(für mich ist Ciccone an seinem Hinterrad Bergpreissieger der Tour geworden), ich hoffe auch von ihm mehr zu sehen

    -Pello Bilbao: vielleicht diskutabel für den ein oder anderen, aber ich fand seine Präsenz und die Resultate bei quasi allen Rundfahrten bei denen er am Start fand überzeugend, dazu die Krönung mit dem Tour-Etappensieg

    natürlich sind hier weitere Nennungen wie Hirschi, A. Yates oder natürlich auch ein WVA möglich

    Enttäuschungen:

    Um ehrlich zu sein finde ich gab es kaum große Enttäuschungen, da die Rollenverteilungen vor der Saison eindeutig waren.

    Am ehesten könnte man auf einem sehr hohen Niveau von WVA reden, weil er nichts großes gewonnen hat oder TGH dem ein Sturz seine bis dato sehr gute Saison beendet hat.

    Hier freue ich mich besonders auf Input ;)

    Edit: mir ist noch Carapaz eingefallen, der hatte zwar auch Sturzpech, wirkte aber auch davor jeweils gar nicht auf dem nötigen Level zu sein

    Teams:

    Hier möchte ich nicht zu viele Worte verlieren, nur so viel oben wird die Luft dünner...

    Nach 35/35 WT-Rennen:

    Jumbo-Visma: 12 Siege

    UAE: 9 Siege

    Alpecin: 4 Siege

    Soudal-QS: 3 Siege

    Trek-Segafredo/Lidl-Trek: 2 Siege

    dsm, Bahrain, Lotto, FDJ und ineos: jeweils 1 Sieg

    demzufolge konnten 8 WT-Teams maximal einzelne Etappen für sich entscheiden

    Edit 2: Aktualisierung auf den Stand nach Rennen 35

    3 Mal editiert, zuletzt von tng (18. Oktober 2023 um 15:35)

  • Dann schließe ich mich mit einem kleinen Fazit mal an.

    Diese Saison war meiner Meinung nach eine der spannensten und spektakulärsten Saisons der letzten Jahre. Dies liegt mit Sicherheit an der Fahrweise und Dominanz der großen Fahrer und Teams. Da war dieses Jahr keiner bereit mal einen Sieg dem anderen oder etwaigen Ausreißern zu überlassen. Selbst bei Eintagesrennen sind Überraschungen ausgeblieben, einzig vielleicht hier zu nennen ist den "Sieg" von Laporte bei Gent-Wevelgem und natürlich der Sieg von Kuss bei der Vuelta. Wobei der Dreifachsieg von Jumbo neben dem Überraschungssieger ja auch in historischer Art und Weise die Dominanz eines Teams bei GT´s zementiert hat.

    Fahrer der Saison

    1. Tadej Pogacar: Für mich die eindeutige Nummer 1 dieses Jahr. Wahnsinnige Performance im Frühjahr, ich habe glaube ich noch nie ein so dominantes Frühjahr eines Rennfahrers erlebt. Das besondere bei ihm ist ja, das er Rundfahren mit Klassikern aller Couleur kombiniert. Der Sieg bei der Flandern Rundfahrt war für mich sein Meisterstück, wie er da van der Poel und van Aert stehen gelassen hat, war absolut beeindruckend. Schade, dass sein Sturz bei LBL den totalen Triumph in den Klassikern verhindert hat. Dennoch eine super Leistung von ihm bei der Tour quasi ohne Vorbereitung auf das Podium zu fahren, auch wenn Vingegaard ihm da in der 3. Woche klar überlgen war. Die Bronzemedaille bei der WM, auf einem Kurs der ihm alles andere als als maßgeschneidert war sowie der Sieg bei Il Lombardia runden seine super Saison ab. Aufgrund der Tatsache, dass er auch die Klassiker dominiert ist er für mich vor Vingegaard einzuordnen.

    2. Jonas Vingegaard: Bester Rundfahrer im gesamten Peloton, ohne Diskussion. Hätte ihn gerne gegen einen Pogacar bei 100% in der Tour gesehen. Ist auch ein starkes Frühjahr gefahren, da aber klar im Schatten von Pogacar. Die Vuelta ist er ebenfalls stark gefahren, dort war er mMn aber nicht der stärkste, ich fand sowohl Kuss als auch Roglic stärker. Seine beiden Etappensiege verdankt er ja auch der Tatsache, dass Roglic und Kuss da "hinten abgeriegelt" haben. Dennoch ein wahnsinns Jahr von ihm und ein verdienter 2. Platz in dieser Liste

    3. Primoz Roglic: Ein weiteres starkes Jahr von Roglic. Er scheint der "Man to beat" bei den einwöchigen Rundfahren zu sein. Konnte beim Giro erneut eine GT gewinnen, dennoch habe ich das Gefühl, dass er gegen Pogacar und Vingegaard in Topform etwas hinten dran ist. Bei der Vuelta bin ich der Meinung, dass er eigentlich der stärkste Mann war und ohne Kuss im roten Trikot auch diese Rundfahrt gewonnen hätte. Mit Platz 3 bei Il Lombardia hat er nochmal bewiesen, dass er auch bei den Klassikern nach wie vor zu den stärksten Fahrern gehört. Zudem hat er das gesamte Jahr über in jedem Rennen performt, welches er bestritten hat.

    4. Mathieu van der Poel: Bei seinen Zielen in den Eintages-Klassikern immer auf den Punkt topfit. Siege bei Mailand-Senremo, Paris-Roubaix und der WM untermauern seine Fähigkeit sich immer exakt auf einen Höhenpunkt vorzubereiten. Dazu ein starker zweiter Platz bei der Flandern Rundfahrt, als er nur von einem "fliegenden" Pogacar geschlagen werden konnte. Trotz der außerordentlich hochkarätigen Siege kommt van der Poel hier "nur" auf Platz 4, da er im Gegensatz zu den drei vor ihm platzierten nicht das gesamte Jahr über in top Verfassung war. Berücksichtigt man allerdings seine Leistungen im Cyclocross, dann wäre er hier auf dem Podest gelandet.

    5. Sepp Kuss: Setzt sich hier knapp gegen Evenepoel und Philipsen durch. Insbesondere beeindruckend, dass er alle 3 GT´s gefahren ist, immer in den Top 15 gelandet ist und die Vuelta zwar glücklich aber dennoch irgendwie verdient gewonnen hat, auch wenn er natürlich von den wenigen ITT-Kilometern profitiert hat. In den Bergen war er stets einer der Stärksten und immer da, wenn ihn seine "Chefs" Roglic und Vingegaard gebraucht hatten. Durch einen Sturz am vorletzen Tag hat er bei der Tour ein noch besseres Ergebnis verpasst. Riesige Leistung bei der Vuelta vom Helfer zum Captain zu werden, dem letzten dem das gelungen ist, dürfte Chris Froome bei der Vuelta 2011 (Wiggins damals eigentlich der Captain) gewesen sein. Insgesamt ein sehr starkes und konstantes Jahr.

    Honorable Mentions:

    Remco Evenepoel: Kann auf jedem Terrain erfolgreich sein, sehe ihn aber klar hinter Pogacar und Vingegaard und auch noch nicht auf Roglic´Niveau. Ohne den Vuelta Sieg von Kuss wäre er auf Platz 5 gewesen.

    Jasper Philipsen: Bester Sprinter des gesamten Peloton und beeindruckende Performance bei Paris-Roubaix

    Adam Yates: Hat mit vielen sehr guten Resultaten (endlich) den Sprung in die absolute Weltspitze geschafft. Zudem sehr wertvoll als Edelhelfer für Pogacar

    Mads Pedersen: Ein überragendes Jahr von ihm mit Siegen beim Giro und der Tour, dazu Top-Platzierungen bei den Klassikern. Dort allerdings ein bisschen im Schatten von van der Poel.

    Gino Mäder: wusste nicht wo ich ihn sonst erwähnen sollte, aber er gehört natürlch auch in den Jahresrückblick @)>-->--

    Aufsteiger der Jahres:

    1. Mattias Skjelmose: Hat sowohl für Eintagesrennen als auch Rundfahrten den Sprung in die erweiterte Weltspitze geschafft, von ihn können wir glaube ich in den nächsten Jahren einiges erwarten.

    2. Joshua Tarling: Scheint der Zeitfahrer der Zukunft zu sein. Für sein Alter hat er gerade gegen Saisonende einige sehr, sehr starke Performances geliefert.

    3. Arnaud de Lie: Hat einige schöne Siege im Sprint gefeiert, scheint ein sehr vielseitiger Fahrer zu sein, der auch in den Klassikern viel Potenzial hat.

    4. Jonathan Milan: Nach dem Giro der neue Star am Sprinterhimmel. Wäre die Saison im Mai zu Ende gewesen, wäre er hier wohl auf Platz 1 gelandet und hätte sich einen Zweikampf mit dem 5. Platzierten geliefert.

    5. Ben Healy: Sehr starkes Frühjahr mit tollen Leistungen bei den Klassikern und dem Giro. Konnte in der zweiten Saisonhälfte die mittlerweile stark gestiegenen Erwartungen vielleicht nicht immer erfüllen. Dennoch werden wir auch aufgrund seiner offensiven Fahrweise in den nächsten Jahren viel Spaß an ihm haben.

    6. Felix Gall: Hat gezeigt, dass er einer stärksten Kletterer des Pelotons sein kann, bin gespannt, ob er mit seiner wachsenden Leaderrolle zurecht kommt und ob er sich womöglich nächstes Jahr nochmals steigern kann.

    Pechvogel Moment des Jahres:

    1. Der Sturz von Degenkolb bei Paris Roubaix. Fraglich ob Dege in der Lage gewesen wäre das Rennen zu gewinnen, aber dennoch super schade so aus dem Rennen genommen zu werden. Hoffentlich kann er an diese Leistung anknüpfen.

    2. Der Sturz von Cavendish bei der Tour. Bin froh, dass er seine Karriere so nicht beendet und er einen weiteren Shot auf den 35. Etappensieg bekommt.

    3. Ohne den überragenden letzten Kilometer im letzten Giro Zeitfahren würde hier wahrscheinlich Roglic diese Liste mit seinem Defekt bei eben jenem Zeitfahren anführen, so kann man hier auch seinen Konkurrenten Geraint Thomas nennen, der den gesamten Giro eigentlich einen super Job gemacht hat und den Gesamtsieg am Ende doch um 14 Sekunden verpasst hat.


    Enttäuschung des Jahres:

    1. Wout van Aert: Trotz eines guten Jahres mit vielen guten Platzierungen und wertvollen Helferdiensten bei der Tour, konnte er eigentlich fast kein persönliches Ziel erreichen. Bin gespannt, ob er im nächsten Frühjahr wieder zum Dominator werden kann.

    2. Julian Alaphilippe: Trotz einens Etappensieges beim Criterium du Dauphiné konnte er eindeutig nicht mehr an seine alte Hochform anknüpfen. Quick-Step wird für sein Salär im nächsten Jahr auch mehr Ergebnisse sehen wollen.

    3. Caleb Ewan: Desaströses Aus bei der Tour de France. Ich bin gespannt, ob er (vielleicht auch mit einem neuen Team) wieder seine alte Höchstform erreichen kann.

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    2 Mal editiert, zuletzt von virus321 (11. Oktober 2023 um 14:31)

  • Kann mich euch beiden nur anschließen bei den Einschätzungen.. Klar kann man sich darüber streiten, aber die richtigen wurden genannt.
    Das die genannten Fahrer so dominieren war für mich nicht überraschend :)
    Bei den Newcomern ist für mich ganz klar Healy vorne. Dicht gefolgt von Milan, Gall, van Wilder, Vermeersch, Jorgenson, (Groves).. Allesamt hatten super Leistungen und sich teilweise massiv im UCI Ranking verbessert. Skjelmose auch richtig stark, besonders im Frühjahr, jedoch ein wenig enttäuschend bei der Tour. Sein Leistungssprung war dennoch enorm.

    Werde die nächste Zeit auch mal wieder meinen jährlichen Eindruck zu unserer deutschen WT Mannschaft schreiben.. Eins nur vorweggenommen, das ganze Team betrachtet war die Saison die schlechteste seit langem und ein klarer Rückschritt. Leider..

    2 Mal editiert, zuletzt von AlexK (12. Oktober 2023 um 21:20)

    • Offizieller Beitrag

    Für mich gibt es in dieser Saison eine klare Top 6:

    Tadej Pogacar, Jonas Vingegaard, Primoz Roglic, Mathieu Van der Poel, Remco Evenepoel und Jasper Philipsen

    Pogacar für mich der Fahrer mit der beeindruckendsten Saison, auch wenn er bei der Tour klar geschlagen wurde. Mit dem Sturz bei LBL war die Vorbereitung aber auch suboptimal. Wobei ich persönlich Vingegaard inzwischen auf den harten Bergetappen einfach auch für stärker halte. Vingegaard fehlen für mich die Resultate bei Klassikern, er ist aber auch nicht ein einziges derartiges Rennen in dieser gefahren. Dazu als "Makel" der zweite Platz bei der Vuelta, auch wenn gewissermaßen an Kuss geschenkt. Van der Poel mit gewaltigen Siegen, fernab der Formhöhepunkte mir aber zu wenig konstant. Insgesamt haben die sechs Fahrer aber wenig für den Rest übrig gelassen.

    Aufsteiger der Saison:

    Ben Healy, Joshua Tarling, Olav Kooij, Felix Gall, Mattias Skjelmose, Cian Uijtdebroeks, Arnaud De Lie, Jonathan Milan

    Man merkt, dass da weiterhin eine sehr starke junge Generation nachrückt. Gibt ja auch noch Fahrer wie Lenny Martinez, Lennert Van Eetvelt, Romain Gregoire, Soren Waerenskjold, Corbin Strong, Paul Penhoet, Ilan Van Wilder, Kevin Vauquelin, Carlos Rodriguez, Ethan Vernon, Florian Vermeersch etc etc. Der Generationenwechsel ist voll im Gange. Derek Gee konnte derweil leider seine tollen Giro-Leistungen im weiteren Verlauf der Saison nicht bestätigen. Dennoch sicherlich auch eine positive Entdeckung.

    Verlierer der Saison:

    Julian Alaphilippe, Richard Carapaz, Sergio Higuita, David Gaudu, Romain Bardet, Caleb Ewan, Jay Vine, Jack Haig

    Jay Vine hätte man vor der Saison noch die Rolle zutrauen können, die am Ende Kuss bei der Vuelta gespielt hat. Mit großen Vorschusslorbeeren in die Saison gegangen, Down Under gewonnen und als Geheimwaffe für den Giro angesehen. Dann aber eine Verletzung, keine Bestform zum Giro und auch später bei der Vuelta ein frühes Ausscheiden. Ansonsten hätte ich mir insbesondere von Gaudu mehr erhofft.

    Deutsche Fahrer:

    Lennard Kämna hat seine Sammlung aus Etappensiegen bei allen Grand Tours komplettiert, dazu beim Giro in die Top 10 gefahren. Georg Zimmermann entwickelt sich sehr positiv, auch wenn die ganz großen Resultate noch fehlen. Felix Engelhardt ist ins Rampenlicht vorgestoßen und man darf bei kleineren Rennen noch auf einige gute Resultate von ihm hoffen. Bei Marius Mayrhofer war der Saisonstart sensationell und den Sieg beim Cadel Evans Great Ocean Road Race, und somit einem World Tour Rennen, nimmt ihm niemand mehr. Über den Rest der Saison aber etwas blass, wenn auch immerhin 4mal in den Top 10 beim Giro. Nico Denz mit starken Etappensiegen beim Giro, dazu Steinhauser und Lipowitz mit vereinzelt guten Resultaten. In der Breite haben wir weiterhin einige gute Fahrer, zumal dann ja auch noch Jungs wie Dege, Ackermann, Bauhaus, Walscheid, Buchmann, Zwiehoff oder Politt zu nennen wären, aber der absolute Spitzenfahrer fehlt einfach derzeit und ist auch derzeit nicht in Sicht, nachdem Brenner irgendwie überhaupt nicht bei den Profis ankommt. Ein Fahrer, der bei einem Monument, der WM oder einer Grand Tour ein heißer Kandidat für das Podium oder einen Sieg wäre, den vermisst man derzeit sehr.

  • Dann versuche ich mal wieder meine Einschätzung zum deutschen Team Bora-Hansgrohe zu geben.

    Bora beendete das Jahr 2023 mit offiziellen 23 Siegen (laut PCS) und rutschte in der Teamwertung UCI von Platz 4 auf 10. Letztes Jahr war natürlich gekrönt durch den Giro, aber auch die überragend auffahrenden Neuzugänge Hindley, Vlasov und Higuita. Leider musste man sich aber von der Spitze ins graue Mittelmaß verabschieden. Anders kann man 6 verlorene Plätze kaum deuten. Schlechter vom Abschneiden zum Vorjahrer war nur IWT, die sogar 10 Plätze verloren.

    Es ist sicherlich schwer genaue Gründe für das schlechte Abschneiden zu finden, aber manche Thesen kann man sicherlich aufstellen, welche auch nicht wirklich neu sind.

    1. Krankheiten, Verletzungen und Sturzpech
    Ich finde es seit einigen Jahren doch auffällig, wie oft die etatmäßigen Stars oder Kapitäne leider in wichtigen Rennen nicht auf ihrer Topform sind. Sturzpech kann immer passieren, da kann man nur schwer etwas machen aber wie oft habe ich nun die letzten 3 Jahre gehört, dass der Kapitän krank war oder nicht fit.
    Politt im Frühjahr, Vlasov und Kämna beim Giro, Schachmann hat eine persönliche Odysee seit 2-3 Jahren. Buchmann, Konrad, Bennett (der nie wirklich in Topform kam bei Bora und als ich ihn einmal auf hohem Niveau sah bei der Vuelta 22, da (oh Wunder), fiel er mit Krankheit dann aus..
    Klar ist man bei Bora näher dran und sie kommunizieren offener, aber in der Breite war es einfach zu viel.. Stürze waren aber glücklicherweise seltener als die letzten Jahre, dafür eben andere Krankheiten/Erkältungen in den Vordergrund rückten.

    2. Persönliche Entwicklung / Training

    Schwerer Punkt, aber es fällt eben doch auf, dass im Vergleich zu den anderen Topteams, die Entwicklung vieler Fahrer stagnierte oder nicht mehr besser wurde verglichen zu ihrem Topniveau und dem Ranking / Ergebnissen in den Rennen.
    Ganz oben sind da natürlich Bennett, Buchmann, Schachmann, teilweise auch Konrad zu nennen, die nicht nur stagnierten sondern auch wesentlich schlechter abschnitten als in ihren starken Jahren. Für das Team ist das natürlich immer schwierig, da der Großteil des Budgets eben doch in diesen Fahrern steckt.
    Bei der zweiten Reihe könnte ich aber genauso weitermachen. Aleotti stagniert bzw. fuhr vor 1 oder 2 Jahren schon stärker, bei Fabbro waren die letzten beiden Jahre auch die schlechtesten in der WT, Schelling war zwar wieder besser als letzte Saison, aber dennoch weit entfernt von der Form 2021..
    Bob Jungels hatte wieder einmal ein ganz schwaches Jahr. Higuita kam auch kaum in Tritt und selbst ein Hindley ist für mich ein Phänomen. Fast schon vergleichbar mit Thomas, der gefühlt auch nur in Topform bei einer GT steht, in sonstigen Rennen im Jahr fährt er aber selten um den Sieg mit...

    Natürlich gab es auch Lichtblicke wie Kämna ( der beim Giro stark war trotz Erkältung), Cian der in zukünftigen GT's Richtung Podium gehen wird und Nico Denz, der für mich die Überraschung schlechthin war bei Bora. Auch andere Fahrer wie Meeus waren solide, aber im Grunde genommen kann man durch die 2 oberen Punkte die Rankings erklären. Das Bora wesentlich weniger Budget zur Verfügung hat als andere Topteams wie Ineos, Jumbo oder UAE ist natürlich auch klar und macht die Sache nicht einfacher.

    Transfers (UCI Ranking):
    Bei Bora gibt es einige Änderungen. Abgänge sind sehr namhaft wie Politt(141), Konrad(158), Bennett(205). Auch Schelling (282) geht und bei manchen steht es noch nicht fest, wohin es sie zieht. Das sagt aber dann schon viel aus über diese Fahrer, ansonsten wären sie schon unter Vertrag... Für mich sind die Abgänge anhand der Leistungen nicht dramatisch, wobei Politt einen starken Sommer hatte. Bei ihm ist aber auch das Thema, dass zu wenige Ergebnisse und Platzierungen zustande kommen, leider. Bin gespannt wie er sich bei UAE schlägt.

    Bezüglich der Neuzugänge bin ich durchaus optimistisch. Man konnte mit Roglic (4.) zweifelsohne einen der besten Fahrer verpflichten, was bei Bora in dieser Größenordnung nur Sagan früher war. Klar es ist immer ein Risiko, aber für mich persönlich war z.B. bei Bennett aufgrund seiner langen Verletzung das Risiko größer, was sich bewahrheitet hatte. Im Normalfall ist Roglic ein Fahrer die in die Top 5 der UCI fährt, bei 2 Jahren Vertrag ist das Risiko ok.

    Zusätzlich kommen Martinez(275), der ein ganz schwaches 2023 hatte, Sobbrero (184), Welsford (68) , Adria (172), Maciejuk (868) und Hajek / Herzog. Letztere fuhren früher bei Team Auto Eder, finde ich persönlich auch richtig, so zeigt man den Talenten, dass Auto Eder eine gute Adresse ist mit hohen Chancen auf einen späterne Profiplatz. Auf dem Blatt Papier würde ich die Nezugänge perspektivisch stärker einordnen. Auch das Alter spricht für die Nezugänge.

    Ausblick 2024:
    Aufgrund des vorhandenen Niveaus und auch der Neuzugänge sollte Bora wieder in die Top 5 oder ggf höher kommen können. Natürlich ist es stark abhängig wie die Fahrer, insbesondere Roglic, performen. Aber man muss schon sagen, dass Bora im Bereich GT meines Erachtens mittlerweile die in der Breite fast stärkste Mannschaft besitzt. Roglic, Hindley, Vlasov,Uijtdebroeks,Higuita,Martinez, Kämna, Buchmann, Jungels, Schachmann... Alles Fahrer die schon Rundfahrten gewonnen haben oder weit oben in der Top10 standen. Ich möchte da kein Sportlicher Leiter sein, zwar ist die Breite und das Niveau groß, aber das birgt natürlich auch Konfliktpotenzial..^^
    Etatmäßig fehlen aber die Topfahrer für die nordischen Klassiker und die Sprints. Mit van Poppel hat den wohl besten Anfahrer und jemand der immer in die Top 10 fahren kann. Ggf. kann Welsford in die Lücke von Bennett stoßen, viel schlechter kann er es kaum machen. Aber ob Welsford wirklich der Sprinter sein wird, der die Konkurrenz schlägt?
    Vielleicht können Denz, Meeus und Jungels in den Nordklassikern für Überraschungen sorgen, die Erwartungen sind auf jeden Fall nicht sonderlich hoch, gerade Denz traue ich diesbezüglich viel zu..

    Es würde mich dann doch wundern, wenn Bora nicht wieder an 2022 anknüpfen könnte und die ein oder andere Rundfahrt wieder gewinnen kann. Vielleicht schafft es ja auch Schachmann wieder in die Nähe seiner alten Form zu gelangen. Für ihn und Buchmann ist es das letzte Vertragsjahr, da muss was kommen ;)

    Meinungen?

  • Wie seht ihr tendenziell die Entwicklung der deutschen Fahrer/Radsports ingesamt?

    Ich finde so langsam merkt man doch, dass wir gerade in der Spitze leider stark zurückgefallen sind zu früher. Im Zeitfahren oder bei den Sprints hatten wir ja das letzte Jahrzehnt wirklich die Elite gestellt mit Martin oder auch Kittel,Dege, Greipel.
    Habe mir heute auch mal die Statistiken der letzten Jahre angesehen, was meinen Eindruck bestätigt (zumindest auf Siege gesehen + UCI Wertung). Von der Spitze leider weit entfernt, die Breite ist ok - es fahren einige Deutsche in der WT. Aktuell so ca. 35 +- Fahrer, aber es werden leider auch nicht mehr. Alle die sich mit dem Nachwuchs beschäftigen, können das leider bestätigen bzw. teilweise kommen die "harten" Zeiten erst noch auf uns zu.
    Zwar haben wir 2 deutsche WT Klassiker und 2 Pro Rennen, allerdings fehlen im Endeffekt die ganzen kleinen Rundfahrten.

    Habe für das Jahr 2023 hier mal die Statistik herausgelasen. Für mich sind die Newcomer oder Überraschungen ganz klar Denz, Engelhardt, Mayrhofer und ggf. Lipowitz. Zimmermann hatte echt ein starkes, solides 2023. Auch Kämna kam wieder stark zurück und ihm traue ich auch zu, dass er sich noch weiter verbessern kann - die Frage ist nur, ob Bora dafür noch die richtige Adresse ist bei der ganzen Konkurrenz.
    Wenn ich nun aber den Bogen zum Eingang ziehe und Richtung "Spitze" schaue, dann wird es eben doch eng. Vom Potenzial kann ich kaum einschätzen, wer es aus dieser Liste wirklich in die Top 30 und besser schaffen könnte? Klar, Ackermann sicherlich, er war ja 4 Jahre in diesem Bereich, konnte die letzten Saisons aber bei weitem nicht mehr an sein Topniveau anknüpfen. Selbiges gilt für Schachmann und auch Buchmann. Zimmermann arbeitet sich stetig nach oben, sollte er sich nochmals verbessern können, dann kann er sicherlich nahe an die Spitze kommen, aber ob er je die Spitze erreichen wird?

    Schauen wir mal auf die jüngeren Fahrer, da sieht es dann doch ein wenig anders aus. Vom Potenzial und den Leistungen ist da besonders Engelhardt aufgefallen. Er ist 23 und machte dieses Jahr einen großen Sprung leistungstechnisch. Letztes Jahr wurde er Europameister in der U23. Für mich der wahrscheinlichste Kandidat, der sofern er gesund bleibt, tatsächlich im Bereich der Klassiker und Tagesrennen zukünftig glänzen könnte. Direkt danach würde ich Mayrhofer platzieren wollen.
    Die EF Fraktion mit Steinhauser und Rutsch sind ebenfalls Talente, aber hier wäre es an der Zeit den Status zu verlassen. Gerade Steinhauser scheint mit seinen 22 noch Potenzial zu haben.
    Marco Brenner scheint der zu schnelle Sprung in die WT irgendwie nicht gut getan zu haben, vielleicht kommt er bald wieder zurück.. Vom Potenzial sollte es dort keine Zweifel geben. Interessant sind auch Lipowitz und Heiduk, die dieses Jahr gute Leistungen gezeigt haben und ebenfalls noch jung sind.

    Zu guter letzt die jüngere Fraktion. Hier sind Emil Herzog (Bora) und Paul Fitzke (Auto Eder) zu nennen, die bei den Junioren sehr stark waren und dort viel gewannen. Aber nicht jeder starke Junior wird auch ein starker Profi, das Potenzial dazu haben aber beide und es würde mich nicht überasschen, wenn einer der beiden auch bald Profi Rennen gewinnt. Auch wenn dies noch ein paar Jahre dauern könnte.

    Irgendwie zwar viel Potenzial aber wenig Handfestes.. Die Konkurrenz aus Frankreich, Belgien, Italien,UK, usw. schläft bekanntlich auch nicht. Es wäre für den Nachwuchs echt wichtig, dass wieder mehr Ergebnisse und Siege zustande kommen, ansonsten dürfte sich der Trend wahrscheinlich fortsetzen. Leider.

    #Prev.Diff.RiderTeamPoints
    64189▲125 Kämna LennardBORA - hansgrohe1182.6
    104190▲86 Zimmermann GeorgIntermarché - Circus - Wanty852
    136171▲35 Ackermann PascalUAE Team Emirates670
    146129▼17 Bauhaus PhilBahrain - Victorious632.1
    149746▲597 Denz NicoBORA - hansgrohe625.1
    152366▲214 Degenkolb JohnTeam dsm - firmenich616
    155156▲1 Politt NilsBORA - hansgrohe611.1
    15981▼78 Walscheid MaxCofidis592
    165348▲183 Engelhardt FelixTeam Jayco AlUla574
    1733581▲3408 Mayrhofer MariusTeam dsm - firmenich546
    184148▼36 Buchmann EmanuelBORA - hansgrohe491
    202678▲476 Zwiehoff BenBORA - hansgrohe455
    2981583▲1285 Steinhauser GeorgEF Education-EasyPost310.6
    3282373▲2045 Lipowitz FlorianBORA - hansgrohe275.4
    376560▲184 Rutsch JonasEF Education-EasyPost231
    379128▼251 Kanter MaxMovistar Team229
    446269▼177 Arndt NikiasBahrain - Victorious192.1
    464329▼135 Schachmann MaximilianBORA - hansgrohe186.1
    5141768▲1254 Osborne JasonAlpecin-Deceuninck158.2
    526399▼127 Steimle JannikSoudal - Quick Step153
    550493▼57 Koch JonasBORA - hansgrohe144.1
    7381747▲1009 Heiduk KimINEOS Grenadiers95.9
    812376▼436 Hessmann MichelJumbo-Visma84
    836836- Ballerstedt MauriceAlpecin-Deceuninck80.2
    862800▼62 Brenner MarcoTeam dsm - firmenich75
    967119▼848 Geschke SimonCofidis63
    9861335▲349 Palzer AntonBORA - hansgrohe61.4
    10051974▲969 Krieger AlexanderAlpecin-Deceuninck60
    10252456▲1431 Stork FlorianTeam dsm - firmenich58
    16791125▼554 Hollmann JuriMovistar Team23
    2040new Heinschke LeonTeam dsm - firmenich13
    23531437▼916 Lührs Luis-JoeBORA - hansgrohe7.4
    23771078▼1299 Sütterlin JashaBahrain - Victorious6.3
    30781991▼1087 Märkl NiklasTeam dsm - firmenich1.1
  • Ohne jetzt nochmal detailliert darauf einzugehen stimme ich dir zu, dass es nicht ewig 4-6 Touretappensiegen pro Jahr gibt sollte jedem klar sein, aber es stimmt und ist schade, dass die propagierten Talente dann doch recht früh in der Entwicklung hängen geblieben sind. (Eigenlich hatte ich diese Eigenschaft den US-Amerikanern zugeschrieben, die im letzten Jahrzehnt mit ihren van Garderens, Talanskys, Farrars und Co. auch ab Ende 20 nicht mehr geliefert haben.)

    Bis auf Ackermann war auch niemand jemals in der ersten Reihe der Topfahrer ihrer Disziplin.

    Von der Breite her sind wir absolut dabei!

    Kleiner Vergleich 2006 (Warum 2006? Der Saisonbeginn war die kurze Zeit nach Armstrong und vor den nächsten Skandalen.) mit 2 1/2 deutschen und insgesamt 20 PT-Teams (nicht verwechseln ProTour war damals die WorldTour):

    In den 17 anderen Teams fuhren ganze 5 Deutsche (Jaksche, B.Grabsch, Niermann, Voigt und Müller)

    T-Mobile: 14

    Gerolsteiner 13

    Milram (It/De) 10

    Macht für mich "nur" 42 bei mehr Teams und damit Fahrerplätzen und (es tut mir leid, ich denke ihr wisst wie ich es meine) einige Lückenfüller, die wohl kaum in der PT gewesen wären wenn es weniger deutsche Sponsoren gegeben hätte, sind bei den 3 deutschen Teams auch mit dabei.

    Also von dem her momentan alles gut.

    Aber ja du sagtest es, Insider sprechen nicht allzu optimistisch von der Zukunft.

    Vielleicht ein paar (Hypo-)Thesen die da mit rein spielen könnten:

    Der Status des RadSPORTS allgemein: Ich denke wir sind einer Meinung, dass der Radsport in Sachen Doping medial ungleich behandelt wird. Wenn Paul Pogba oder der HSV erwischt werden, startet die ARD keine jahrelange Investigativrecherche und sucht nach den Abgründen...

    Der Status des RadFAHRENS allgemein: Das Thema ist sicher ne eigene weitaus umfangreichere Debatte für sich, spielt aber natürlich eine Rolle in der Politik und Gesellschaft und damit auch in der Nachwuchsentwicklung des deutschen Radsports.(Ich könnte zur Thematik sicher noch mindestens eine zweistellige Zahl an Zeilen hinzufügen, das würde aber ein wenig den Rahmen sprengen.)

    Der allgemeine gesellschaftliche Bedeutungswandel von Betätigung, Freizeit, "Arbeit" und Lebenslauf in gegenseitiger Abhängigkeit mit Globalisierung(in dem Fall neue Möglichkeiten/Sportarten für die eigene Freizeitgestaltung) und Überangebot. (Ich habe selbst im Nachwuchssport gearbeitet (möchte ich auch bald wieder) und kann nur absolut unterstreichen wie krass der Unterschied zu meiner Jugendzeit (ich bin Mitte 20, ist also nicht allzu lange her) ist.)


    Es gibt viele andere Dinge, die auch Spaß machen, aber für die es bedeutend weniger Anstrengung bedarf, gleiches gilt für Geld und Anerkennung.

    Warum also professionell Radsport betreiben? (zum Nachdenken ;) )

  • Stimme dir absolut zu. Es fährt ja fast jeder Rad, aber kaum einer interessiert sich für den Sport. Die meisten mit denen ich dazu spreche, sagen eben auch, dass es zu langweilig ist. Bei vielen Etappen haben sie auch vollkommen Recht, aber die neuere Generation sorgt meines Erachtens doch für mehr Spannung durch ihre aggressivere Fahrweise.

    Sind wir ehrlich, es ist schwer den Nachwuchs hier zu begeistern, wenn a) die Idole / Stars in Deutschland weniger werden b) der Nachwuchs sowieso Probleme hat in den Strukturen und c) der Sport dann doch im Vergleich langweiliger ist, als die meisten anderen Sportarten.
    Meistens sind es diejenigen, wo die Eltern selbst Radsport betreiben oder Fans davon sind und ihre Kids diesbezüglich fördern. Hatte letztens den Tourfunk Podcast zu dem Thema gehört, wenn Eltern teilweise 200-300km oder mehr am Wochenende die Kids zum Rennen fahren müssen, das war vor 20 Jahren noch ganz anders..
    Es gibt für mich nur 3 Lösungen des Problems.
    1. es kommt wieder ein deutscher Superstar, der medial die Leute mitnehmen kann. Das muss dann ein Fahrer vom Kaliber Zabel oder Ulrich sein
    2. Es wird massiv gefördert wie beispielweise UK vor Olympia
    3. Der Radsport transformiert sich und wird spannender. Kürzere Rennen, neue Innovationen.

    Leider ist alles 3 doch sehr unwahrscheinlich. Man kann eben nur hoffen, vielleicht hilft es ja auch, wenn die Tour mal wieder 2-3 Tage in Deutschland ist und ordentlich Werbung macht.
    Und zum Thema Doping sage ich am besten nichts. In Zeiten wo wirklich viele Hobby und Freizeitsportler im Fitnesstudio nachhelfen, "Abnehmspritzen" verkauft werden und auch andere Sportarten sich nicht rühmen, steht der Radsport die letzten Jahre echt ziemlich sauber da. Ich würde zwar meine Hand nicht ins Feuer legen, aber das würde ich bei den anderen Sportarten auch nicht. Genau aus dem Grund, weil es bereits bei den Amateuren schon beginnt...

    • Offizieller Beitrag

    Hinzu kommt, dass der fehlende Nachwuchs im Sport generell ja derzeit ein Problem darstellt. Das ist ja nicht nur auf den Radsport bezogen. In der Leichtathletik kommt nichts mehr nach, im Schwimmbereich auch quasi nicht, im Tennis sieht es nicht besser aus. Das zieht sich ja durch fast alle Randsportarten.

    Letztendlich geht es der Jugend in Deutschland einfach zu gut. Man kann hier problemlos ein gutes Leben führen ohne dafür über Jahre hinweg Dinge opfern zu müssen, wie es eben der Sport verlangt. Soziale Medien lenken immer mehr ab und so hat am Ende der Tag gewissermaßen weniger Stunden um sich sportlich zu betätigen.

  • Hinzu kommt, dass der fehlende Nachwuchs im Sport generell ja derzeit ein Problem darstellt. Das ist ja nicht nur auf den Radsport bezogen. In der Leichtathletik kommt nichts mehr nach, im Schwimmbereich auch quasi nicht, im Tennis sieht es nicht besser aus. Das zieht sich ja durch fast alle Randsportarten.

    Letztendlich geht es der Jugend in Deutschland einfach zu gut. Man kann hier problemlos ein gutes Leben führen ohne dafür über Jahre hinweg Dinge opfern zu müssen, wie es eben der Sport verlangt. Soziale Medien lenken immer mehr ab und so hat am Ende der Tag gewissermaßen weniger Stunden um sich sportlich zu betätigen.

    Das ist so ziemlich die Grundaussage meines Posts^^

  • Absolut!
    Und das schlimme ist, ich kann meine a) b) und c) Argumente genauso für eure genannten Sportarten wie Leichtathletik, Schwimmen usw. aufzählen.
    Die Lösungen mit Stars und Förderung sind ebenfalls die gleichen.. Man muss sich doch nur bei Olympia teilweise anschauen, was manche Länder an ihre Stars ausschütten, geschweige denn von der massiven Förderung..
    Mit Geld kann man vielleicht nicht direkt Erfolg kaufen, aber man kann die Wahrscheinlichkeit auf Erfolg immens steigern.. Ob das nun mit Förderungen im Nachwuchs, Prämien, bessere Strukturen usw. vonstatten geht ist im Endeffekt ja egal. Ich kenne nicht die Zahlen bezüglich der Sportförderung in Deutschland, aber ich würde die These in den Raum stellen, dass diese in vielen Bereichen sicherlich schon in Relation zu anderen Ausgaben viel höher war. Das sportliche Abschneiden in vielen Disziplinen kommt ja sicher nicht von ungefähr.